Allen Freundinnen, Freunden und Gästen ein glückliches und gesundes Jahr 2024! Ich bin mit den Grüßen leider etwas spät dran, weil mich Covid oder Schlimmeres für drei Wochen im Dezember über die Weihnachts- und Neujahrszeit flachgelegt hatte.
Der Spätsommer und auch der Herbst 2023 waren in der Maasai Mara bis weit in den Dezember – wahrscheinlich durch das El Niño Wetter-Phänomen verursacht – so nass und kalt wie zuletzt 2016, wenn nicht sogar noch kälter. Glücklicherweise setzten die fast täglichen Regenfälle erst nachmittags oder am Abend ein. Morgens hatten wir meist fantastische Lichtstimmungen und nur an wenigen Tagen dichten Nebel. Dann aber so dicht, dass es unerfahrenen Tourguides bei zufälligen Raubtiersichtungen unmöglich war, ihren Standort durchzugeben.
Der viele Regen sorgte für reichlich frisches Gras, was ungewohnt viel Wild um diese Jahreszeit anlockte. Elefanten habe ich noch nie zuvor in solcher Menge in der Maasai Mara gesehen. Speziell südlich des Talek Rivers, von Ronkai bis hinunter zum Sandriver, der Grenze zur Serengeti, waren sehr große Büffelherden unterwegs. Zebras, Topis, andere Antilopen und Gazellen grasten dort in kleineren und mittleren Herdenverbänden. Völlig untypisch gab es sogar im November und auch noch bis Anfang Dezember trotz des hohen Wasserpegels und der starken Strömung des Mara Rivers fast täglich River Crossings von Zebraherden, die aus dem Triangle und möglicherweise sogar aus der Serengeti ins Mara Game Reserve zurückgekehrt sind. Nur die Gnus waren bereits abgezogen und kamen auch nicht mehr mit den Zebraherden zurück.
Für die Krokodile im Mara River bedeuteten die hohen Pegelstände ideale Jagd-bedingungen. Sie konnten im tiefen Wasser unsichtbar von unten angreifen, ohne Gefahr zu laufen, von den Zebras niedergetrampelt zu werden und schnell mit ihrer Beute abtauchen, damit sie ihnen von ihren Artgenossen nicht streitig gemacht werden konnte. Fotografisch waren diese Jagden leider nicht sehr ergiebig, allerdings blieben uns dadurch nachts auch die blutigen Alpträume von Krokodilzugriffen im flacheren Wasser erspart. Beim größten Zebra Crossing, direkt neben dem Olive Camp, kamen sogar noch annähernd 1000 Tiere durch den Fluss. Drei von ihnen sind zur ganz besonderen Freude der am Ufer auf Beute lauernden Löwen vom Recero Pride direkt in deren Mäuler gelaufen.
Die Löwenpopulation in der Mara, insbesondere bei männlichen Tieren, ist zurzeit wieder sehr hoch, entsprechend häufig kann man sie auch tagsüber bei der Jagd auf Warzenschweine, Zebras und Topis beobachten. Richtig spektakulär wird es, wenn ein großes Löwenrudel eine Büffelherde attackiert – und noch spektakulärer, wenn, wie uns im November passiert, der rasende Büffel erst vier Meter vorm Auto von den Löwen zu Fall gebracht wird. Die hohe Anzahl männlicher, nomadisierender Löwen hat allerdings den Nachteil, dass es vermehrt zu Rudelkämpfen kommt, die es den Löwinnen erschweren, ihren Nachwuchs vor den fremden männlichen Löwen zu schützen und groß zu ziehen. Löwinnen mit Babys sind im Moment meist sehr tief in Ufergebüschen und ähnlichem Gestrüpp verborgen und sehr schwer zu finden.
Bei den Leoparden der Mara haben alle uns bekannten Tiere das Jahr 2023 überlebt, wobei man Luluka nach wie vor am häufigsten vor die Kamera bekam. Bahati, eine der ältesten Leopardinnen, hat sogar zum Jahreswechsel noch einmal Junge bekommen. Faolo – mit ihren großen Augen und langen Wimpern die wohl schönste Leopardin der Mara – jagt immer noch häufig auf den offenen Plains hinter Gazellen her, statt sich wie andere Leoparden im Gras oder Gebüsch zuvor für die Beute unsichtbar auf Schlagdistanz anzuschleichen. Dieses Jagdverhalten hat sie sich als Frühwaise mangels Ausbildung durch die eigene Mutter vermutlich bei Geparden abgeschaut und angenommen.
Geparde sind wieder vermehrt ins Mara Game Reserve zurückgekehrt, doch lange nicht in der Anzahl wie in früheren Jahren. In letzter Zeit haben zu wenige Geparde ihren Nachwuchs durchgebracht. Aktuell haben im Maasai Mara Game Reserve zwei Gepardinnen Nachwuchs, eine davon, Nashipai, hat sogar vier Junge durch das schwierige erste halbe Lebensjahr gebracht. Dies ist insbesondere der Tatsache geschuldet, dass sie tagtäglich von Rangerfahrzeugen strikt vor dem Massentourismus abgeschirmt wird und zur Ernährung ihrer Jungen ungestört jagen kann. Nur wenige Fotografen dürfen unter Auflagen und nur für wenige Minuten in ihre Nähe. Aber auch bei anderen Geparden, speziell bei den letzten beiden überlebenden der Five Boys, gehen die Ranger bei größeren Fahrzeugansammlungen und der Offroad Verfolgung rigoros gegen die Fahrer vor, um sie auf Abstand zu halten.
Im Maasai Mara Game Reserve haben sich generell seit dem Regierungswechsel vor gut einem Jahr sehr viele positive Dinge getan. Die Hauptverbindungswege sind geschottert und der Fototourismus verteilt sich dadurch besser über den gesamten Park. Auch die Flussfurten lassen sich jetzt in den kleinen Regenzeiten mit weniger Gefahr für Leib und Leben durchfahren. Und es wird endlich mehr für den Tierschutz getan. Zur Einhaltung der Parkregeln werden viel mehr Ranger in neuen Fahrzeugen eingesetzt, insbesondere das Unterschreiten der Abstandsregeln zu den Tieren wird strikt geahndet. Generelle Offroad Permits, die bislang gegen Bezahlung auch an unerfahrene Fotoamateure ausgeben wurden, gibt es nicht mehr. Wir haben natürlich Aufgrund unserer Erfahrung – in diesem Jahr werden es bei mir 25 Jahre in der Maasai Mara – weiterhin unsere Sonderregelungen. Wobei ich aber immer bereit bin, dem Tierschutz Vorrang vor einem Foto zu geben, insbesondere wenn es um die Einhaltung von Abstandsregeln geht. Ausnahmen bleiben dabei nur, wenn Tiere auf uns zukommen und wir durch eigenes Ausweichen eine Jagd oder andere Interaktion stören oder sogar verhindern würden.
Einziger Wermutstropfen, oder eher eine große Flasche davon: das Maasai Mara Game Reserve wird ab dem Sommer 2024 richtig teuer. Zurzeit müssen wir mit einer Verdreifachung der bisherigen Eintrittspreise rechnen. Ob dies alles so bleibt, wird sich in Kürze herausstellen und hier veröffentlicht. Wenn die Hochpreispolitik dazu führt, dass Billigcamps am Rande der Maasai Mara schließen müssen und dadurch der Massentourismus speziell zur Hochsaison eingedämmt wird, hat die Preiserhöhung für den Naturschutz und auch uns Fotografen sogar etwas Gutes. Die umliegenden Privat-Conservancies betreiben diese Politik seit Jahren und haben damit den Tourismus kontrollierbarer gemacht. Am Ende wird die Mara dieses Geld Wert sein, denn wo bekommt man sonst diese Menge an Raubtieren und Action in wenigen Tagen vor die Kamera.
Wolfgang Kesper (Sonntag, 04 Februar 2024 15:48)
Die Saison beginnt und Uwe beglückt uns mal wieder nicht nur mit vielen schönen Fotos, sondern auch mit neuen Informationen über die Mara.
Vielen Dank dafür!
Eine kleine Anregung noch (wollte ich immer schon mal loswerden):
Bei einigen Fotos (springender Leopard, Jagdszenen oder nasser, sich schüttelnder Löwe) wären auch deine Kameraeinstellungen nützlich, gerade für neue Wildlifefotografen und zukünftige Kunden ;-))