Covid-19 hält die Welt immer noch in seinem Bann. Im Frühjahr war es bei Einhaltung der Covid-Hygieneregeln und Testvorschriften trotzdem möglich, ohne größere Gefährdung für sich und andere nach
Ostafrika zu reisen. PCR und Rapid-Tests waren via Amsterdam vor der Abreise nach Kenia und vor Wiedereinreise in die Niederlande Pflicht, ein weiterer, negativer PCR-Kontrolltest fünf Tage nach
Einreise in Deutschland hob dann die Quarantäne auf. In der Maasai Mara kann man PCR-Tests vor der Rückreise im Busch durchführen lassen, um keine Reisetage in Nairobi verschwenden zu müssen. Die
Testproben werden per Kühlbox zur Auswertung nach Nairobi vorausgeflogen und ist der Test negativ, erhält man per mail das Testergebnis mit einem QR-Code, der zum Betreten des Flughafenterminals
und zur Ausreise aus Kenia berechtigt.
In der Maasai Mara ist die Ansteckungsgefahr äußerst gering. Bis heute ist dort kein einziger Covid Fall bekannt geworden. Der internationale Tourismus nach Kenia ist durch Reisehemmnisse und
Einreiseverbote fast total zusammengebrochen. Die wenigen Touristen die trotzdem die Mara erreichen, mussten sich auf ihren Weg dorthin mehrfach Covid-Tests unterziehen. Der ganze Testaufwand
kostet natürlich Geld und Zeit und ist wirklich nervig, aber es lohnt sich, denn in der Mara ist man dafür absolut frei! An Hotspots sieht man auch an Wochenenden, wenn reichere Kenianer zum
Kurztrip in die Mara kommen, kaum mehr als 15 Fahrzeuge. Über die Woche ist man häufig nur mit wenigen, quer über die Mara verstreuten Fahrzeugen unterwegs. Man braucht etwas mehr Zeit für das
Aufspüren interessanter Tiere und Aktionen, kann sie dann aber ohne Hektik und oft allein fotografieren.
Die Maasai Mara hatte in diesem Frühjahr – wie auch in den letzten zwei Jahren – bei unserer Ankunft bereits sehr schwere Regenfälle hinter sich. Das Gras stand über weite Bereiche sehr hoch,
Savanne und Wege waren stark versumpft und wir sind bereits auf dem Weg vom Sekenani Gate zum Camp im Schlamm stecken geblieben. In den folgenden Wochen sind wir dann einige Male sehr gut
durchwässert worden und waren wieder über mehrere Tage von der Außenwelt abgeschnitten. Auch das zu spät angekommene Gepäck einiger Gäste mussten wir weit im Norden bei den Maasaidörfern über
eine schmale Fußgängerbrücke schaffen, weil alle umliegenden Flüsse nicht durchfahrbar waren. Es war wieder eine der typischen Abenteuertouren während der kleinen Regenzeit. Früh morgens bei
unserer Abfahrt wussten wir nie, ob unser Tagesziel erreichbar war und fast täglich mussten sich unsere Fahrzeuge gegenseitig aus dem Schlamm ziehen. Allerdings wurden diese Hemmnisse durch
außergewöhnliche Lichtstimmungen und das besondere Verhalten der Raubkatzen belohnt. Im Frühjahr ist für die Raubtiere in der Maasai Mara die „Sauregurkenzeit“. Sie müssen dann viel mehr
herumziehen um ausreichend Beute zu machen und durchstreifen dabei auch fremde Reviere, was nicht selten zu Kämpfen untereinander führt.
Im Mara Eden Camp war es mangels Touristen sehr ruhig und wir waren die einzigen Gäste – glaubten wir. Aber in der Dunkelheit wussten auch Raubtiere wie Löwen, Leoparden, Hyänen und natürlich
unser Hippo diese neue Ruhe vor den Menschen und den natürlichen Schutz auf der Halbinsel im Mara River zu nutzen. Ein von anderen Löwen ziemlich arg verprügelter Junggeselle hatte es sich hinter
den Toiletten am Barzelt gemütlich gemacht. Er war überhaupt nicht aggressiv, ließ sich aber auch durch Zurufe nicht verscheuchen und zog sich irgendwann nachts in die Felsen am Mara Crossing
zurück, wo wir ihn einige Tage später wiederfanden. Leoparden- und Hyänenspuren konnte man morgens nach dem Regen im Schlamm an den Wegen des Camps sehen und das Hippo lief öfter auch tagsüber
zwischen den Zelten herum.
Löwensichtungen hatten wir sehr häufig und unser Haus-Löwenrudel hatte nicht weit vom Camp einige Tage an einem – vermutlich natürlich verendeten – Hippo zu nagen. Es war extrem viel Fleisch, sodass sich auch die Jungtiere ungehindert durch die männlichen Löwen so richtig satt fressen konnten. Ein paar Tage später, als wir früh morgens noch im fast stockdunkeln bei der abgenagten Hippo-Karkasse ankamen, versuchte ein männlicher Löwe die Weibchen mit ihren Babys zu attackieren. Er wurde dann von den vier Löwinnen gemeinsam angegriffen und derart verprügelt, dass er sich sehr schnell zurückzog. Erst als es heller wurde, konnten wir sehen, dass die zum Rudel gehörenden Männchen bereits weitergezogen waren und ein fremder Löwe sich des Rudels bemächtigen wollte, dabei aber an den starken Löwinnen gescheitert war.
Als der Regen und die Überschwemmungen zurück gingen und der Talek River am Recero Crossing so mehr oder weniger mit den Fahrzeugen durchfahrbar war, haben wir in Matira den alten Löwen Scarface wiedergefunden. Er müsste jetzt mehr als fünfzehn Jahre alt sein und sah mit den Nekrosen um sein zerstörtes Auge fürchterlich aus. Dieser ehemals extrem starke und wuchtige Löwe war total abgemagert, hinkte noch stärker als in den vorangegangenen Jahren und mit seinem kaputten Gebiss kann er vermutlich nur noch sehr weiche Nahrung wie Innereien oder faulendes Aas fressen. Scarface war in Begleitung seines noch etwas fitteren Bruders Morani, der ihn wohl immer noch beschützt und mit dem Fressen versorgt. Sekio und Hunter, die anderen beiden Löwen der ursprünglichen Löwen-Vierergruppe, den „Musketeers“, wurden schon länger nicht mehr gesehen.
Hauptattraktion unter den Löwen ist aktuell der Black Rock Pride. Wie der Name schon sagt liegt das eigentliche Territorium dieses Löwenrudels bei den Black Rocks genannten Kopjes (Felsknollen) weit im Süden der Maasai Mara zwischen Keekorok und dem Sand River, der Grenze zur Serengeti. Anführer des Rudels sind fünf junge, derzeit noch blondmähnige Löwen. Gemeinsam sind sie stark genug, um es mit allen anderen Rudelführern südlich des Tales Rivers aufzunehmen und ziehen mit ihrem Rudel ohne Rücksicht durch deren Territorien. Wir hatten einmal das Glück, dieses Rudel bereits bei Sonnenaufgang im roten Morgenlicht zu finden.
Das Herumziehen des Black Rock Pride erfolgt aber noch nicht, um neue Territorien zu erobern und andere Rudel zu übernehmen, sondern um ihrer Hauptnahrung zu folgen, den großen Kaffernbüffeln. In ihrem angestammten Territorium gibt es über zwei Drittel des Jahres zu ihrer Ernährung fast nur Büffel als jagbares Großwild. So zogen sie jetzt im Frühjahr den Büffelherden bis zum Lookout Gebiet und sogar hoch bis nach Ronkai hinterher. Als sich die Löwen dort an eine große Büffelherde herangepirscht hatten, lagen auch wir auf der Lauer. Unsere Erwartung waren natürlich spektakuläre Kampfszenen zwischen Löwen und Büffel, wie man sie aus manchen Dokumentationen kennt, doch dieses Rudel scheint total auf die Büffeljagd spezialisiert. Selbst eine einzelne Löwin riss einen ausgewachsenen Büffel spielend und als wenn es ein halb so schweres Gnu gewesen wäre zu Boden. Erst nach dem Zugriff rückten die männlichen Löwen mit dem restlichen Rudel an, um den Büffel am Boden zu halten, damit die Löwin ihn durch einen langen Kehlbiss töten konnte. Interessant war auch zu beobachten, dass die männlichen Löwen in diesem Rudel noch keine starke Macht gegenüber den Weibchen hatten und auch untereinander noch keine wirkliche Dominanz eines einzelnen Löwen erkennbar waren. Sie fraßen einträchtig Kopf an Kopf oder eben Maul an Maul an dem Büffel und haben sich dabei kaum mehr um die besten Bissen gestritten, als es sonst Jungtiere tun. Üblicherweise frisst sonst immer erst der dominante Löwe, insbesondere die Innereien von Gras- und Pflanzenfressern, weil sie für Löwen die einzige Möglichkeit sind, wenigsten ein paar pflanzliche Nährstoffe aufzunehmen.
Nachmittags als der Regen einsetzte blockierte eine Kobra unseren Weg. Üblicherweise sind diese Schlangen so scheu, dass sie bei der geringsten Bodenerschütterung flüchten. In über zwei
Jahrzehnten habe ich zuvor erst eine Kobra voll sichtbar außerhalb des Grases auf der Fluch gesehen. Eigentlich wollte ich hier trotz meiner Schlangenphobie aussteigen um sie zu umgehen und dann
von vorn zu fotografieren, aber der Fahrer hielt mich mit der nachvollziehbaren Begründung davon ab, dass sie mich sofort attackieren wird, andernfalls wäre sie längst vor den Fahrzeugvibrationen
geflohen.
So gibt es jetzt nur zwei restbrauchbare Fotos der Schlange, aber dafür sind mir die Alpträume nach einer Kobra-Attacke erspart geblieben.
Das Frühjahr in der Mara ist eine sehr gute – wenn nicht sogar die beste Zeit des Jahres – um Leoparden zu sehen und zu fotografieren. Auch sie müssen jetzt häufiger herumziehen, um Beute zu machen und das Licht ist um diese Jahreszeit viel schöner als im Sommer. Lediglich die Aussicht auf einen Kill ist im Sommer während der Migration besser. Dann pirschen sich Leoparde häufiger durch die Staubwolken der großen Gnuherden an, um sich ein junges Gnu zu greifen. Sehen tut man davon allerdings nicht viel. Wir hatten jetzt im Februar bereits am ersten Abend die Leopardin Figgy in Mara Toto, dem Grenzgebiet zur Olare Orok Conservancy. Figgy hatte ein etwa drei Monate altes Baby, was aber an den Tagen, wenn wir dort waren, nicht bei ihr sondern auf der Conservancy Seite versteckt war, wohin wir ihr nicht folgen durften. Wir konnten deshalb nur einige Fotos von ihr alleine auf dem Baum oder beim trinken bekommen.
Was bei der Leopardin Figgy nicht klappte, funktionierte dann bei Lorien und Luluka richtig gut. Beide Leopardinnen, Mutter und Tochter, hatten auch wieder Babys. Während Luluka in Maja i Fisi
nahe Talek Town mit ihrem Baby im Gras nur schwierig zu fotografieren war, klappte es bei Lorien in Ronkai deutlich besser. Wir haben sie mit Baby im Morgenlicht und im Abendlicht bekommen.
Loriens Baby war bereits total agil. Morgens kletterte das Kleine auf einem abgestorbenen Baum herum und abends auf einem „Bienenbaum“. Als es sich nicht herunter traute, kletterte Lorien ihr von
Bienen attackiert und sichtlich stinkig hinterher. Die Mutter blieb nur kurz auf dem Baum, lehnte sich nach dem Abstieg zunächst an den Baum, um das Baby herunter zu rufen und ging dann, immer
noch von Bienen attackiert, auf größeren Abstand.
Über Lorien findet ihr übrigens einen neuen, sehr guten Dokumentarfilm von Reinhard Radke in der Arte Mediathek: die Leopardin. Bei vielen der Szenen haben wir im letzten Jahr daneben gestanden.
Neben Lorien sind noch ein paar andere Leoparden mit hineingeschnitten.
An den Tagen, wo dass Gebiet südlich des Talek Rivers wegen Überschwemmungen nicht erreichbar war, fanden sich immer wieder interessante Dinge entlang des Rhino Ridge bis hinunter nach Bill Shaka
und der Musiara Marsh. Durchqueren konnte man die total versumpfte Marsch allerdings nicht. Eigentlich wollten wir an unserem Lieblingsplatz am Mara Ufer frühstücken, aber hinter dem Governors
waren die Wege am Fluss entlang so aufgeweicht, dass die Fahrzeuge bis zur Bodenplatte einsackten und nur Traktoren konnten sie aus diesem Modder wieder herausziehen.
Auf dem Weg entlang des Rhino Ridge nicht weit vom Abzweig zur Koboso Lugga hatte eine Servalkatze ein heranwachsendes Junges in der Uferböschung versteckt. Das Junge war im Gras nicht besonders
gut zu fotografieren, aber die Mutter ging täglich auf die Jagd. Zwei Jagden haben wir bekommen, von der ersten ist der Sprung in Richtung Ratte ziemlich gut geworden, von der zweiten,
spektakulären Jagd auf eine Nilgans konnte man im hohen Gras nur wenige scharfe Bilder erst nach dem Zugriff bekommen.
Bei den Geparden hatten zwei Weibchen, Imani und Noma, gleichzeitig je drei um die 12-14 Wochen alte Babys. Da wir sie anfangs nicht gut sehen konnten, haben wir die beiden verwechselt und hielten sie jedesmal nur für Imani mit ihren Kleinen bis an den Tag, wo sich die Gepardinnen in Kananga begegneten. Die direkte Begegnung hat niemand gesehen, sie fand im Gebüsch statt und man hörte wohl nur das Fauchen eines kurzen Kampfes. Als Imani heraus kam zog auch eines der Babys von Noma der falschen Mutter, Imani, hinterher. Weil sie vermutlich die Unterlegene war, blieb Noma im Gebüsch versteckt. Imani gilt überhaupt als eine sehr starke Gepardin, sie hält sowohl Warzenschweine als auch ausgewachsene Hyänen von ihren Jungen durch forsche Attacken fern. Noma traute sich dann erst aus dem Gebüsch, als Imani mit den jetzt vier Babys auf der anderen Seite der Lichtung tief im Gebüsch verschwunden war. Noma rief lange nach dem fehlenden Baby und es kam einige Zeit später tatsächlich zu ihr zurück, allerdings stark hinkend. Möglicherweise hatte Imani (oder ihre drei Jungen) dieses fremde Baby mit Gewalt vertrieben. Einige Tage später waren wir noch einmal am Abend bei Noma mit den drei Babys. Eine Leopardin schlich sich bei einbrechender Dunkelheit an die Gepardenfamilie heran. Wir konnten es nicht mehr sehen, aber ich gehe davon aus, dass Noma mit den beiden gesunden Babys geflohen ist und das mittlerweile sehr stark hinkende dritte Baby der Leopardin überlassen hat. Zwei Tage später, als es zu einer erneuten Begegnung mit Imani kam, hatte Noma jedenfalls nur noch zwei Babys bei sich.
Die „Five boys“ genannten Geparden hielten sich die meiste Zeit ganz in der Nähe der Leopardin Luluka in Maja i Fisi auf. Leider konnten wir dieses Gebiet wegen Hochwassers des Talek Rivers über
viele Tage nicht erreichen und als der Fluss wieder durchfahrbar war, gaben wir der Aussicht auf eine Büffeljagd beim Black Rock Löwenrudel in Ronkai oder am Lookout den Vorzug. Erst zum Ende der
Tour waren wir dann auch tageweise beim den fünf schnellen Killern. Nur an diesen Tagen schienen die Geparden nicht hungrig genug oder hatten einfach keinen Appetit auf ein Topi und suchten nach
etwas anderem.
Scheu oder Angst kennen sie in jedem Fall überhaupt nicht mehr. Als wir mit einem befreundeten Fahrer und zwei Autos im Schatten unter einem Baum standen, um zu warten, dass die Geparden wieder
aktiv werden, kamen die Fünf einfach dazu und markierten in aller Ruhe den Baum und legten sich dann neben uns auch in den Schatten.
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Wolfgang (Donnerstag, 15 April 2021 11:12)
Lieber Uwe,
lange haben wir auf ein Update von Dir warten müssen, aber: das Warten hat sich gelohnt... .
Ein toller Bericht über Deine Erlebnisse und (der Name Skrzypczak verpflichtet) eine Fotodokumentation der Referenzklasse!
Nur bzgl. des Auges von Scarface muss ich Dich korrigieren: Es ist "nur" die Augenumgebung incl. Augenlid wirklich arg ramponiert, das Auge selber ist noch intakt.
Thomas (Samstag, 17 April 2021 18:34)
Hallo Uwe,
vielen Dank für den interessanten Bericht und die schönen Bilder. Nach unserem Ein-Teilnehmer-Workshop 2018 hätte ich große Lust bald wieder mit Dir in der Masai Mara zu fotografieren. Ich hoffe, die Corona-Situation entspannt sich bald etwas und wir sehen uns Ende 2021/Anfang 2022 wieder.
Viele Güße
Thomas
Hartmut (Sonntag, 18 April 2021 17:58)
Lieber Uwe,
ein toller Bericht mit super-Bildern aus der Masai-Mara.Schade, dass durch die Corona-Situation
eine Reise nach Kenia mit ziemlich viel Hindernissen verbunden ist, wer's trotzdem wagt wird sicherlich auch mit den Vorteilen, ( weniger Touristen, intakter Natur) belohnt.
Viele Grüße
Evelyn & Hartmut